Documenta Urbana ( Dönche I / II / III )

Wohncluster im Rahmen der Documenta Urbana

Die »documenta urbana« wurde als Antwort auf die Monotonie des modernen Massenwohnungsbaus konzipiert. Neun junge Architekturbüros, darunter die Baufrösche, präsentierten revolutionäre Ideen für vielfältigere und lebenswertere Wohnformen. Die Siedlung gilt bis heute als beispielhafte soziale Architektur mit besonderen Qualitäten.

Im Rahmen dieses Projekts realisierten wir drei Bausteine mit innovativen Wohnkonzepten, die auf die Bedürfnisse der Bewohner eingingen und neue Maßstäbe im Wohnungsbau setzten.

Dönche I

Neubau von neun Substandard-Reihenhäusern im Rahmen der Bauausstellung documenta urbana in Kassel (1982)

Wir haben Reihenhäuser entwickelt, deren hervorstechendes Merkmal ein jeweils vor das eigentliche Haus gestellte »Windfang-Treppenhaus« ist. Dieses schützt das beheizte »Kern-Haus« vor Wind und Kälte, reduziert das zu beheizende Volumen und teilt das Haus zugleich in zwei akustisch voneinander getrennte Bereiche. Dies erleichtert (z.B. nach Auszug der Kinder) die Unterteilung in zwei kleinere Mietwohnungen.

Um einen Platz gruppieren sich neun Reihenhäuser. Der Platz erlaubt Fahrverkehr, ermuntert aber nicht dazu. Die Stellplätze befinden sich jeweils neben dem Treppenhaus.

Das Kernhaus bietet mit ähnlich großen Zimmern eine vielseitige Verwendbarkeit. Es ist gemauert, alles andere besteht aus Holz. Bewußt einfache, nicht spektakuläre Formensprache. Die Straßenseite wird von Mauerwerk, die Gartenseite von Holz bestimmt.

Dönche I – bewährte Elemente
Die übrigen, den Gebrauchswert (Verhältnis von Kosten und Nutzen) hebenden Besonderheiten dieser Mietshäuser sind eher unauffällig und in gewisser Weise konventionell:

  • das Nebenhaus hinter dem Haus, das jeweils einen kleinen, windgeschützen Gartenhof abriegelt und im Sommer die Wohnfläche um etwa 25 Quadratmeter erweitert. Auch dieses Nebenhaus puffert das beheizte Kernhaus gegen das Außenklima ab
  • der Kachelofen-Ersatz aus ringförmig um die beiden kleinen Stichflure zusammengefassten, türhohen Plattenheizkörpern. Diese Anordnung hilft Heizkosten zu sparen, gibt mehr Strahlungswärme ab und verursacht weit weniger Montagekosten
  • schmale, hohe Fenster in z.T. fast 50 cm tiefen Fensternischen, die für die Zimmer eine Art Blumenerker bilden und teilweise noch mit Regalen ausgefüllt werden können
  • von unten sichtbare Dachsparren und in die Erdgeschossdecke eingegossene und in die Außenwände eingeputzte Halterungsschienen sollen den Mietern leicht rückwandelbare Einbauten nach eigener Fantasie ermöglichen

Dönche II

Neubau einer Gruppenwohnanlage für zehn Familien in Kassel (1983)

Die Anlage besteht aus einer geknickten Hausreihe, die sich um die schon bestehende Baugruppe der ersten Bauabschnitts legt. Der Hausquerschnitt ist für alle Häuser in der Grundstruktur gleich: vor dem Kernhaus stehen straßenseitig »Windfang-Häuser« und auf der Talseite liegt ein Halbkeller, der eine Pergola trägt, die Wohnhof und Kernhaus Windschutz gibt und später als »Energiezaun« ausgebaut werden sollte.

Das Erdgeschoss des Kernhauses ist ein gemauertes Dreiwandhaus. Das Obergeschoss wird von einem Ständerfachwerk getragen, das mit Trockenlehmziegeln ausgefacht und außen gedämmt und verschalt wird. Das Dach wird als bewachsenes Erddach ausgebildet.

Wo andere Reihenhäuser früher den »Mistweg« hatten, verbindet der Glasgang die Keller unter den Gärten.

Die Anlage wird von einer Gemeinschaftsheizung beheizt. Eine Zusammenfassung der Hausanschlüsse mit Eintragung entsprechender Baulasten wurde von den Stadtwerken abgelehnt.

Auf der Grundlage des Freiraumplans (Heidrun Hubenthal) wurden die Hausgärten und das Grabeland in Selbsthilfe angelegt.

Dönche II – Ratschlag für andere Gruppen
»Besonders am Anfang ist eine straffe und disziplinierte Gruppenarbeit erforderlich. Die ewigen Nörgler und Zweifler, die bei jeder Lösung immer gleich die möglichen Fehlschläge und Katastrophen sehen, nicht versuchen, Inder Gruppe zu halten! Es ist wie beim Bergsteigen: am Ende gehen nur noch ein paar wohlgemute mit, die ziemlich viel vertragen können und in der Lage sind, die Gruppe zu motivieren.«
(aus: Wohnnachbarschaft an der Dönchekante, Kassel / wahrscheinlich zusammengestellt für den Wohnbund-Kongress in Aachen)

Dönche III

Wohnhof im Rahmen der Documenta Urbana (1986)

Als dritten Baustein entwickelten wir einen Wohnhof mit 11 sehr breiten Einfamilienreihenhäusern geringer Tiefe. Die Häuser können auf der Terrasse um ein Gartenzimmer zu einem Winkelbau erweitert werden. Einfache, leicht erweiterbare Häuser mit günstigen Erstellungs- und Unterhaltungskosten in zurückhaltender Formensprache sind gemeinsame Kennzeichen. Die Windschutzpergolen bilden einen deutlichen Siedlungsrand zum Naturschutzgebiet Dönche.

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